Grüne Chemie

Die chemische Industrie steht vor einer fundamentalen Transformation. Für Jahrzehnte war Erdöl die Basis für Kunststoffe, Farben, Medikamente und Kosmetika. Doch dieser Weg führt nicht in die Zukunft – weder ökologisch noch ökonomisch. Eine nachhaltige Chemie muss den gesamten Lebenszyklus betrachten – vom Ausgangsmaterial über die Herstellung und Nutzung bis zum Recycling und zur Entsorgung.

Grüne Chemie folgt zwölf Grundprinzipien, die von Paul Anastas und John Warner formuliert wurden. Der Einsatz erneuerbarer Rohstoffe spielt dabei eine zentrale Rolle. Statt Erdöl wird Biomasse (z.B. Pflanzenöle, Zucker, Cellulose oder Algen) genutzt. Biotechnologische Verfahren wie Fermentation wandeln diese in wertvolle Plattformchemikalien um. Das Ergebnis: Kunststoffe (Biopolymere wie PLA und PHA), Lösungsmittel, Katalysatoren und Feinchemikalien mit deutlich kleinerer CO₂-Bilanz.

Deutschland – insbesondere der Osten – möchte sich als Hotspot der Grünen Chemie etablieren. Im Mai 2025 gründeten Forschungseinrichtungen aus fünf Bundesländern das Netzwerk Grüne Chemie Ost. Ziel ist ein Innovationsökosystem, das die Transformation der chemischen Industrie mit dem Strukturwandel verbindet und fossile Rohstoffe durch erneuerbare ersetzt.

Beteiligt sind das Exzellenzcluster UniSysCat (Berlin), das neue Großforschungszentrum Center for the Transformation of Chemistry (Sachsen/Sachsen‑Anhalt), das Leibniz‑Institut für Katalyse (LIKAT) in Rostock, die Universität Greifswald, das Berliner Innovationsnetzwerk greenCHEM und als brandenburgischer Partner das Start‑up‑Labor Schwedt. Ziel ist es, durch innovative Katalyse‑, Biotechnologie‑ und Kreislaufwirtschaftslösungen sowie Reallabore und Startup‑Förderung nachhaltige Chemie schneller in die Anwendung zu bringen.

Anwendungsmöglichkeiten nachhaltiger Materialien

Biokunststoffe

Biokunststoffe sind Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Zuckerrohr oder Ölen, die mittels Fermentation und Polymerisation gewonnen werden. Im Gegensatz zu fossilen Kunststoffen sind sie biologisch abbaubar, CO₂-neutral und schließen Nährstoffkreisläufe. Sie ersetzen zunehmend Erdöl-basierte Kunststoffe bei Verpackungen, Behältern und Einwegprodukten.

Wood-Plastic Composites

Wood-Plastic Composites (WPC) sind Verbundwerkstoffe aus Holzfasern/Holzmehl (50-70%) und thermoplastischem Kunststoff (30-50%, meist PE, PP oder PVC) mit Additiven (UV-Schutz, Stabilisatoren). Sie verbinden die Haptik von Holz mit der Formbarkeit und Beständigkeit von Kunststoffen. Anwendungen sind Terrassendielen, Fassaden, Gartenmöbel oder Fahrzeug‑Innenverkleidungen.

Biobasierte Lösungsmittel

Biobasierte Lösungsmittel ersetzen petrochemische Lösemittel durch Stoffe aus Pflanzenölen, Zucker oder Zitrusschalen. Sie zeichnen sich durch biologische Abbaubarkeit, geringe Toxizität, niedrige flüchtige organische Verbindungen (VOC) und hohe Flammpunkte aus. Sie werden in Reinigern, Entfettungsmitteln, Farben und als Extraktionsmittel eingesetzt.

Textilchemikalien

Biobasierte Textil‑ und Lederchemikalien ersetzen petrochemische Hilfsmittel für Färben, Ausrüsten oder Imprägnieren. Polyole aus Pflanzen oder Reststoffen, Biopolymeren wie Chitosan sowie mikrobiell produzierte Farbstoffe liefern dieselbe Funktionalität wie synthetische Chemikalien, sind jedoch frei von fossilem Kohlenstoff und häufig biologisch abbaubar.

Pharmazeutische Wirkstoffe

Bestimmte Arzneistoffe stammen aus nachwachsenden Rohstoffen oder werden aus pflanzlichen Vorstufen halbsynthetisch erzeugt. Beispiele sind Artemisinin (Malariamedikament), Paclitaxel (Krebs‑Therapeutikum) und Digoxin (Herzglykosid). Diese Wirkstoffe sind im Pharmakopöe‑Standard verankert und werden oft kombiniert mit modernen biotechnologischen Verfahren hergestellt.

Kosmetik & Körperpflegechemikalien

Naturkosmetik nutzt pflanzliche oder tierische Rohstoffe wie Öle, Wachse, Pflanzenextrakte oder biobasierte Partikel als Alternativen zu erdölbasierten Inhaltsstoffen. Sie folgt den Prinzipien der Grünen Chemie, spart fossile Ressourcen und verringert den Einsatz gefährlicher Stoffe. Beispiele sind Kräuterextrakte, ätherische Öle, Lanolin und holzbasierte Mikroplastik‑Ersatzstoffe.

Klebstoffe & Beschichtungen

Biobasierte Klebstoffe und Beschichtungen basieren auf Naturpolymeren wie Lignin, Stärke, Proteinen oder Zuckerderivaten. Sie ersetzen formaldehydhaltige Leime und petrochemische Dispersionsklebstoffe in Holzwerkstoffen, Verpackungen oder Bau‑ und Papierindustrie und reduzieren Emissionen.
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