Hanf, Miscanthus und Paludi im Baustoff
Der Bau- und Gebäudesektor braucht klimafreundliche Alternativen zu Zement & Co. Nachwachsende Rohstoffe wie Hanf, Schilf und Miscanthus sowie natürliche Bindemittel wie Kalk und Lehm punkten hier gleich doppelt – sie speichern CO₂ und stärken gleichzeitig die regionale Wertschöpfung. Genau hier setzte der Workshop „Hanf, Miscanthus und Paludi im Baustoff“ an, den neuwerg am 20./21. 11. 2025 am FIB in Finsterwalde mit Dr. Norbert Hoepfer ausrichteten.
Angesprochen waren alle, die nachhaltiges Bauen nicht nur diskutieren, sondern praktisch erleben wollen. Das Echo war groß: Handwerker, Lehmbauer, Planer, Architekturbüros, Baustoffhändler und Privatleute mit eigenen Bau- oder Sanierungsprojekten füllten den Seminarraum. Nach der Begrüßung und einer Vorstellung der Ziele von neuwerg durch Dr. Stefan Lukas (FIB) sowie einer kurzen Vorstellungsrunde ging es direkt in die Fachinhalte.
Theoretische Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten
Den Auftakt bildete ein Impulsvortrag von Dr. Norbert Hoepfer (Hanfkalk-Manufaktur Zempow). Er spannte einen Bogen von frühen Lehm- und Kalktechniken über Romanzement der Römerzeit bis zum Siegeszug des Portlandzements im 19. Jahrhundert und leitete daraus die aktuelle Notwendigkeit ab, wieder auf wohngesunde, CO₂-sparende Naturbaustoffe zu setzen. Dabei stellte er die chemischen und bauphysikalischen Eigenschaften von Kalk-Bindemitteln, Romanzement, Portlandzement sowie von Hanfkalk-Dämmsteinen und -Stampfbeton gegenüber.
Praktischer Teil mit aktiver Beteiligung
Im anschließenden Praxisteil machten sich die Teilnehmenden mit Aufbereitungstechniken vertraut: Häckseln, Faser-Schäben-Trennung und Sieben der Pflanzenbestandteile standen auf dem Plan, ehe Standard-Mischungen aus Hanf-, Miscanthus- und Paludi-Fraktionen mit Lehm, Kalk oder Sand angerührt und getestet wurden. Darauf folgten die manuelle Herstellung von Dämmsteinen (Formen, Pressen, Trocknung), eine Einführung in die Feuchtemessung und Sanierung mit Biomasse-Dämmstoffen sowie das Mischen und Einbauen von Leichtbeton-Estrich mit Schilf-, Hanf- und Miscanthus-Häckseln. Ein Brandtest an frischen Hanfkalk- und Hanflehmsteinen untermauerte deren schwer entflammbare Eigenschaften.
Der zweite Tag bot einen Live-Aufbau einer Biomasse-Leichtbeton-Wand mit Gleitschalung. Ergänzend vertieften die Teilnehmenden ihr Wissen zu Putzen und Spachtelmassen, erstellten Rezepturen und fertigten Musterplatten an.
Lebendiger Austausch und nachhaltige Perspektiven
Die Resonanz war durchweg positiv: Das Zusammenspiel aus historischem Kontext, fundierter Materialkunde und eigenhändigem Experimentieren vermittelte ein umfassendes Verständnis für nachwachsende Dämm- und Mauerstoffe. Alle nahmen nicht nur selbst hergestellte Proben, sondern vor allem frisches Know-how und neue Projektideen mit nach Hause – ein wichtiger Schritt hin zu klimafreundlichem, kreislauforientiertem Bauen in Brandenburg.
Dr. Norbert Hoepfer – der Experte hinter dem Workshop
Dr. Hoepfer ist promovierter Geologe und Diplom-Mineraloge und beschäftigt sich seit über zwei Jahrzehnten mit kalkbasierten Bau- und Sanierungslösungen. Sein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung, Herstellung und Verbreitung von Hanfkalk (Hemp-Lime) – einem CO₂-negativen, regional produzierbaren Baustoff, den er in Workshops, Pilotbauten und Forschungsprojekten von Brandenburg bis Tel Aviv und Süd Afrika vorantreibt. Unter dem Label »Romankalk« betreibt er eine mobile Manufaktur in Zempow, berät Denkmalprojekte weltweit und ist ein gefragter Referent für nachhaltige Baustoffe.
